KI-Forschungslandschaft in Rheinland-Pfalz

Rheinland-Pfalz beheimatet wichtige wissenschaftliche Institutionen, die zu den Themenfeldern der Künstliche Intelligenz forschen und entwickeln. Im Folgenden werden zentrale Institutionen und ihre KI-Themenschwerpunkte auf Basis einer Publikationsanalyse im Überblick beschrieben. Eine Darstellung aller KI-Akteure sowie ihrer Kontaktdaten finden Sie hier.

Institutionen mit KI-Bezug lassen sich in allen Landesteilen von Rheinland-Pfalz finden. Besonders publikationsstarke Institutionen dieser Landschaft sind das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), die Technische Universität in Kaiserslautern und die Johannes-Gutenberg-Universität Mainz (JGU). Daneben finden sich ebenfalls wichtige KI-Akteure bspw. an der Universität Trier und der Universität Koblenz. Neben den Universitäten spielen insbesondere die außeruniversitären Forschungseinrichtungen, wie das DFKI, die Fraunhofer-Institute für Techno- und Wirtschaftsmathematik (ITWM) und Experimentelles Software Engineering (IESE) sowie das grundlagenorientierte MPI für Softwaresysteme (MPI SWS), eine wichtige Rolle im Publikationsgeschehen. Nicht zuletzt sind darüber hinaus auch Beiträge der Hochschulen in Trier, Koblenz, Mainz und Kaiserslautern zu nennen. Im Folgenden werden zentrale Themenfelder der KI-Forschungslandschaft in Rheinland-Pfalz beschrieben.

Es wurden folgende KI-Themenfelder durch die Publikationsanalyse untersucht:

Robotik & autonome Systeme 

Roboter übernehmen wichtige Aufgaben bei der industriellen Produktion und helfen Orte zu erkunden, die für Menschen lebensgefährlich oder unzugänglich sind. Auch z. B. für die Medizin, die Forschung oder für eine Vielzahl von Service-Aufgaben sind sie unerlässlich geworden. Im Alltag vieler Menschen haben sie als Spielzeugroboter oder als Unterstützung beim Staubsaugen oder beim Rasenmähen Einzug gehalten. Die Steuerung vieler dieser Roboter erfolgt mithilfe von KI. 

Durch die beständige Zunahme der Datenmenge insbesondere durch Sensordaten gilt KI als Schlüsseltechnologie für viele Automatisierungsprozesse. KI ermöglicht, eine große Datenmenge in kurzer Zeit auszuwerten und entsprechend ihrer Interpretation Handlungen auszuführen. Ein zentrales Feld der Robotik beschäftigt sich mit der Entwicklung autonomer Roboter, die mit ihrer Umwelt in Verbindung stehen. Diese autonomen Systeme sind in der Lage, ihre Umgebung durch Sensoren wahrzunehmen (Sensorik), innerhalb dieses Kontextes eine angemessene Reaktion eigenständig zu entwickeln (Selbstregulation) und diese in Echtzeit umzusetzen (Aktorik). Entwicklungen der teilautomatisierten Robotik und autonomer Systeme haben ein weites Anwendungsspektrum – vom Einsatz in der Medizin, in der Industrie 4.0 bis hin zum autonomen Fahren. Einen Überblick darüber, in welchen Bereichen in Rheinland-Pfalz geforscht wird, gibt die folgende Abbildung. Diese zeigt eine Auswahl an Publikationstiteln aus RLP im Themenfeld Robotik & autonome Systeme. 

Schlüsselbegriffe in exemplarischen Titeln der Publikationen aus RLP: Robotik & autonome Systeme: 

Quelle: Auswertung der Prognos AG auf Basis der Scopus-Literaturdatenbank 
© Prognos AG (2022)

In Rheinland-Pfalz lassen sich auf Basis der Publikationsanalyse Forschungsschwerpunkte im Bereich der Industrie 4.0 und in der Medizinrobotik erkennen. Zentraler Akteur im Medizinrobotik ist die Universitätsmedizin Mainz, die bspw. an roboterassistierten minimalinvasiven Eingriffen (Robot-assisted minimally invasive…) forscht. Im Bereich der intelligenten Industrieroboter gibt es eine Vielzahl von forschenden Institutionen in Rheinland-Pfalz. So werden z. B. an der TU Kaiserslautern im Technologiefeld Robotik diverse Themenfelder, von der autonomen Offroad-Robotik (…autonomous robots in unstructured environments), der landwirtschaftlichen Robotik und der Servicerobotik (Human-Robot Collaboration) bis hin zum Einsatz von Industrierobotern (…Industrial Applications) erforscht. Ein weiterer publikationsstarker Akteur im Bereich der Robotik ist das Institut für Computervisualistik der Universität Koblenz, das bspw. an Fragestellungen zur Navigation oder dynamischen Objekten von autonomen Robotern arbeitet. Auch das MPI für Softwaresysteme leistet Grundlagenforschung mit Schwerpunkt auf eingebetteten und autonomen Systemen.

Bilderkennung & Verstehen

Mithilfe von Verfahren zur Bilderkennung können Gegenstände oder Muster in Bildern oder in Videos identifiziert werden. Künstliche neuronale Netze (KNN) und insbesondere das Deep Learning sind in der heutigen Bilderkennung und Interpretation unerlässlich geworden. Vereinfacht lassen sich diese neuronalen Netze als Algorithmen beschreiben, die dem menschlichen Gehirn nachempfunden sind. Durch diese KNN lassen sich komplexe Aufgabenstellungen, u. a. auch die automatisierte Bilderkennung, umsetzen. Sofern ein KNN besonders tiefe Netzstrukturen hat, spricht man von Deep Learning. Die folgende Abbildung gibt anhand einer Auswahl an Publikationstiteln aus RLP einen Überblick über thematische Schwerpunkte des Themenfeldes Bilderkennung & -verstehen in Rheinland-Pfalz. 

Schlüsselbegriffe in exemplarischen Titeln der Publikationen aus RLP: Bilderkennung & Verstehen: 

Quelle:  Auswertung der Prognos AG auf Basis der Scopus-Literaturdatenbank         
© Prognos AG (2022)

Das Feld der Bilderkennung (Image recognition) ist eng verknüpft mit den Gebieten Sensorik & Kommunikation, Virtuelle & erweiterte Realität, sowie Robotik & autonome Systeme. Einen großen Schwerpunkt in diesem Feld stellt die Erkennung von Aktivitäten und Objekten in Bildern dar. Geforscht wird bspw. an Themen zu Aktivitätserkennung (activity recoginition) und Klassifikation von Bild- und Textdokumenten (…textual document classification) oder Stereo Vision, die Extraktion von 3D-Informationen aus digitalen Bildern. In Rheinland-Pfalz gibt es eine Vielzahl an Akteuren, die in diesem Bereich publizieren. Sehr publikationsstarke Akteure in diesem Feld sind das DFKI sowie die TU Kaiserslautern. Auch die Universitätsmedizin Mainz der JGU Mainz oder das Fraunhofer ITWM können hier exemplarisch als wichtige Akteure genannt werden.

Sprach- & Textverstehen

Sprach- & Textverstehen stellt ein zentrales KI-Themenfeld für die Einsatzfelder Wissensmanagement sowie Data Analytics dar. Anwendung finden diese Technologien bspw. bei Chatbots, Text Mining und digitalen intelligenten Assistenzsystemen. Somit kommt diesem Forschungsfeld eine Schnittstellenfunktion zwischen Sprachwissenschaft und Informatik zu. Ein wichtiges Ziel in diesem Feld ist es, die Interaktion zwischen Maschinen und menschlicher Sprache zu ermöglichen.

Schwerpunkte dieses Themenfeldes sind bspw. das Sematic web, semantische Interoperabilität (semantic interoperability), Knowledge Representation und semantische Technologien (semantic technologies), also die korrekte Erfassung und Verarbeitung der logischen Struktur von Sprache. Auch das neu aufkommende Reasoning, das sich mit der Generierung von Antworten aus bestehendem Wissen beschäftigt, ist relevant für dieses Feld. Einen exemplarischen Überblick über Schlüsselbegriffe zu diesem Feld gibt die nachfolgende Abbildung. Publikationsstarke Institutionen in diesem Feld sind das DFKI, die JGU Mainz und die TU Kaiserslautern. Auch die Universität Koblenz oder die Universitätsmedizin Mainz können im KI-Themenfeld Sprach- & Textverstehen genannt werden.

Schlüsselbegriffe in exemplarischen Titeln der Publikationen aus RLP: Sprach- und Textverstehen:

Quelle:  Auswertung der Prognos AG auf Basis der Scopus-Literaturdatenbank        
© Prognos AG (2022)

Sensorik & Kommunikation

Einen Schwerpunkt der Publikationen aus Rheinland-Pfalz innerhalb des KI-Themenfeldes Sensorik & Kommunikation bilden cyber-physische Systeme, also technische Komponenten, Software und moderne Informationstechnik, die über Netzwerke miteinander verbunden sind. Weitere adressierte Themen sind Digitale Zwillinge (digital twins) – gemeint ist die digitale Repräsentanz eines Objekts aus der realen Welt, sowie Edge Computing, wobei die Antwortzeit verbessert wird, indem Datenquellen und Rechenleistung näher zusammengeführt werden. Einen Überblick über eine Auswahl an Schlüsselbegriffen in Form exemplarischer Titel der Publikationen aus RLP bietet die folgende Abbildung.

Schlüsselbegriffe in exemplarischen Titeln der Publikationen aus RLP: Sensorik & Kommunikation:

Quelle:  Auswertung der Prognos AG auf Basis der Scopus-Literaturdatenbank        
© Prognos AG (2022)

Entsprechend der Publikationsanalyse ist in diesem Bereich in Rheinland-Pfalz die TU Kaiserslautern vor allem auf dem Gebiet der Automatisierungstechnik zu nennen. Ebenfalls aktiv sind unter anderen die TU Kaiserslautern etwa im Bereich der Entwicklung cyber-physischer Systeme, ihrer Kontrollsysteme und vernetzter Sensor-Aktuatorsysteme, das DFKI im Bereich der innovativen Fabriksysteme, das Leibniz-Institut für Verbundwerkstoffe (IVW) im Bereich Digitaler Zwillinge sowie die Universität Koblenz-Landau im Bereich umweltbetriebener und drahtloser Sensoren und das Fraunhofer IESE im Bereich autonomer Systeme und der Industrie 4.0.

Virtuelle & erweiterte Realität

Visuelle, künstliche Umgebungen, wie Virtuelle (VR) & erweiterte Realität (AR), stellt ein weiteres Themenfeld der Wissenschaftslandschaft in Rheinland-Pfalz dar. Bei der sogenannten erweiterten Realität (Augmented Reality, AR) werden in eine reale Umgebung einzelne virtuelle Objekte mit eingeblendet – die reale Welt wird um computergenerierte Zusatzinhalte erweitert. Im Gegensatz dazu schafft die virtuelle Realität (Virtual Reality, VR) eine computergenerierte Umgebung, die ausschließlich aus virtuellen Elementen besteht – die reale Welt ist ausgeblendet. Um einen hohen Immersionsgrad zu erreichen, erfolgt dabei häufig auch eine Ergänzung um akustische und haptische Inhalte. Zusammengefasst werden kann das Themenfeld unter dem Begriff der sogenannten Mixed Reality, des gesamten Realitäts-Virtualitäts-Kontinuums. Die markierten Schlüsselbegriffe der nachfolgenden Abbildung geben einen exemplarischen Einblick in thematische Inhalte rheinland-pfälzischer Publikationen. 

Schlüsselbegriffe in exemplarischen Titeln der Publikationen aus RLP: Virtuelle & erweiterte Realität:

Quelle:  Auswertung der Prognos AG auf Basis der Scopus-Literaturdatenbank          © Prognos AG (2022)

Themengebiete der Forschung in Rheinland-Pfalz sind bspw. 3D-Visualisierungen, Smart Glasses oder Augmented Reality Eye Tracking, intelligente Brillen, die Blickbewegungen erfassen und bspw. relevante Informationen auf Basis der Blickbewegung einblenden. Publikationsstarke Institutionen in Rheinland-Pfalz im Bereich VR und AR sind die TU Kaiserslautern und das DFKI, sowie die JGU Mainz. An der TU Kaiserslautern werden in dem Themenfeld wichtige Kompetenzen im Augmented Vision Lab gebündelt. In Kaiserslautern bestehen durch den Forschungsbereich Erweiterte Realität – ein Zusammenschluss des DFKI mit der TU Kaiserslautern– weitere wertvolle Kompetenzen im Themenfeld. Einen weiteren wichtigen Akteur in der Wissenschaftslandschaft stellt die JGU Mainz dar. Hier zeigt die Publikationsanalyse, dass v. a. in der Universitätsmedizin zum Thema VR und AR (Beispiel Collaborative virtual reality for laparoscopic liver surgery training) geforscht wird.

Datenmanagement & -analyse

Das Management und die Analyse von Daten bilden die Grundlage für KI-Systeme. KI-Systeme sind datengetrieben. Entsprechend vielfältig sind deshalb die Überschneidung des Themenfeldes Datenmanagement & -analyse mit anderen KI-Themenfeldern. Gemeinsames Ziel der Anwendung von KI-Methoden des Datenmanagements und der Datenanalyse ist es, Wissen, Daten und Informationen systematisch nutzbar zu machen, intelligent aufzubereiten und verständlich zu kommunizieren. KI-Methoden können für das Datenmanagement und die Datenanalyse aus der Datenflut etwa von Geschäfts-, Produktions- oder Maschinenprozessen bedeutungsvolle Einsichten generieren. Die nachfolgende Abbildung stellt exemplarische Schlüsselbegriffe des Themenfeldes auf Basis der Publikationen in Rheinland-Pfalz zum Themenfeld der Datenmanagement & -analyse dar.

Schlüsselbegriffe in exemplarischen Titeln der Publikationen aus RLP: Datenmanagement & -analyse:

Quelle:  Auswertung der Prognos AG auf Basis der Scopus-Literaturdatenbank         
© Prognos AG (2022)

Schwerpunkte stellen in Rheinland-Pfalz neben dem vielseitigen Einsatz von maschinellem Lernen (Machine Learning), datengetriebene Analyse- und Vorhersagealgorithmen (Data-driven artificial intelligence applications) sowie Wissenstechnologien, aber auch die Erklärbarkeit von Künstlicher Intelligenz (explainable artificial intelligence) dar. Intelligente Analyseverfahren automatisieren die Datenauswertung für die Optimierung der Vorhersagekraft und Präzision von Systemen der Entscheidungsfindung, etwa im Bereich Predictive Analytics und Anomalieerkennung. Zunehmend werden mithilfe des KI-Einsatzes Assistenzsysteme entwickelt, die sich automatisiert Wissen erschließen und für Menschen verständlich wiedergeben. Wesentliche rheinland-pfälzische Akteure wie das DFKI und die TU Kaiserslautern widmen dem Thema Datenmanagement und -analyse eigene Forschungsbereiche wie „Smarte Daten und Wissensdienste“ und „intelligente Analytik für Massendaten“ oder Arbeitsgruppen wie „Datenbanken und Informationssysteme“ und „Heterogene Informationssysteme“. Aber auch weitere Institute für Informatik leisten wesentliche Beiträge zur Weiterentwicklung des Feldes etwa an der JGU in Mainz mit Arbeitsgruppen wie „Data Mining“, „Data Management“ und „Informationssysteme“, an der Universität Trier mit der Arbeitsgruppe „Datenbanken & Informationssysteme“ oder die Universität Koblenz mit dem Forschungsschwerpunkt „Engineering Trustworthy Data-intensive Systems“ oder dem Institute for Web Science and Technologies. In der Region Mainz liegt der räumliche Schwerpunkt der Gesundheitsforschung. Dort lassen sich ebenfalls Institutionen mit KI-Kompetenzen identifizieren, so u. a. die Universitätsmedizin der JGU, das Helmholtz-Zentrum für Translationale Onkologie (HI-TRON) oder das Institut für Molekulare Biologie (IMB). Durch den Einsatz von KI-Methoden im Bereich der Datenanalyse können bspw. die Genom-/Proteom-Analysen profitieren.